Unser Leben ist geprägt von Stress, Hektik, vielen Terminen
und noch mehr Verantwortung. Unser Atem hilft uns, diesem Stress konstruktiv
begegnen zu können. Wenn wir ihn denn bewusst einsetzten.
Dazu hilft es, zuerst einmal zu üben, seine Körperfunktionen
richtig zu deuten. Und ein Bewusstsein für, Druck, Anspannung und
Stressbelastung zu entwickeln. Ein Begriff, der sich aus den asiatischen
Lebensphilosophien des Yoga und Buddhismus entwickelt und in unserer heutigen Zeit
fast schon ein Modewort ist, lautet Achtsamkeit.
Mit Achtsamkeit Körperreaktionen beobachten
Je mehr wir achtsamer unseren Körper beobachten – z.B. wie
fühle ich mich, wenn der Blutzuckerspiegel bei leerem Magen absinkt, was kann
ich wahrnehmen, wo spüre ich was? – desto näher kommen wir unserem Atem.
Wir atmen 22.000-mal pro Tag
Denn was so nach und nach ein feineres Körperempfinden entwickelt,
stellt fest, dass auch der Atem jedes Mal unterschiedlich ist. Wir atmen durchschnittlich
15-mal pro Minute, also fast 22.000-mal pro Tag.
Doch der Atem ist sehr unterschiedlich! Je nachdem, ob wir
gerade schwere Einkaufstüten schleppen, eine Prüfung bestehen müssen oder abends
gemütlich den Tag auf dem Sofa ausklingen lassen – jedes Mal verändert sich die
Atmung.
Wenn wir gestresst sind, atmen wir schnell und
oberflächlich, wenn wir verängstigt sind, wird der Atem flach, bei Erschrecken
stockt er vollständig für einen kurzen Moment. Diese Reaktion auf psychische
und körperliche Zustände wird durch das vegetative Nervensystem gesteuert.
Atem als Bindeglied zwischen Geist und Körper
Der Atem ist somit ein Bindeglied zwischen unserem physischen Körper und unserer Psyche. Oder Geist, wie es die asiatischen Wissenssysteme wissen. Der Atem ist die einzige Vitalfunktion, die der Mensch willentlich beeinflussen kann. Bei Blutdruck und Herzschlag zum Beispiel geht das nicht (mit Ausnahme von grossen Yoga- und Meditationsmeistern, welchen solche Fähigkeiten nachgesagt werden). Yoga und Atem
Im Umkehrschluss bedeutet dies: Stress und starke emotionale Reaktionen wie beispielsweise Angst können gezielt durch tiefes und ruhiges Atmen abgeschwächt werden. Stressreaktionen und Burnout
Einfache Atemübungen für den stressigen Alltag
Bei Stress und Ärger können einfache Atemübungen helfen,
wieder zur Ruhe zu kommen und tiefer zu entspannen. Dabei gilt grundsätzlich:
wenn möglich durch die Nase ein- und ausatmen. Dadurch wird die Luft, die in
den Körper gelangt optimal befeuchtet, gereinigt und gewärmt. Die Nasenatmung
fördert die Körperspannung und regt die Zwerchfelltätigkeit an. Bei grosser
Anspannung empfehle ich meinen Klienten durch den weit geöffneten Mund lange
auszuatmen.
1. Achtsamkeit üben
Wir müssen unseren Atem gar nicht immer aktiv beeinflussen.
Schon wenige Minuten täglich bewusst den Atem beobachten und sich auf ihn zu
konzentrieren steigert unsere Achtsamkeit, wirkt meditative entspannend und
hilft uns, den Atem immer besser unter Kontrolle zu bringen und ihn zu
beruhigen (da er ja durch die Stressbelastung häufig zu kurz und flach geht)
2. Entspannung am Schreibtisch
Lehnen Sie sich zurück und pressen Sie Ihren Rücken in den
Stuhl. Atmen Sie langsam ein, führen Sie dabei die Arme nach oben. Danach
langsam und ruhig ausatmen und die Arme wieder senken. Wiederholen Sie diese
Übung für mehrere Minuten, bis Sie sich ruhiger fühlen.
3. Atemübung gegen Angst
Wenn sich Angst oder Panik breitmacht, versuchen Sie mit
bewusster Atmung dagegenzuwirken. Setzen Sie sich aufrecht hin, eine Hand auf
die Brust, die andere auf den Bauch legen. Tief und langsam durch die Nase einatmen
und langsam durch den weit geöffneten Mund ausatmen. Dabei die Bewegungen der
Hände wahrnehmen und immer wieder den Körper bewusst spüren.
4. Atemübung gegen Anspannung
Spannen Sie beim Einatmen möglichst viele Muskeln an. Halten
Sie die kurz an, atmen langsam aus und entspannen dabei die Muskeln.
5. Atemübung gegen Stress
Stellen Sie sich gerade hin und strecken Sie die Arme nach
oben. Drücken Sie beim Einatmen die Ellenbogen durch und ziehen Sie den Körper
lang. Beim Ausatmen entspannen Sie die Arme wieder.
Bewusstes Atmen ist ein Hilfsmittel um Ruhe zu finden
Sind wir gesund und bewusst, atmen wir korrekt. Doch fast die meisten von uns, haben diese Fähigkeit verloren. Es gilt daher, sich wieder dem Atem bewusst zu werden und ihn gezielt einzusetzen. Es kann sinnvoll sein, asiatische Atemtechniken zu üben, oder in schwereren Fällen eine Atemtherapie oder einen entsprechenden Kurs zu besuchen. Auch kann Menschen, die ständig grossem Stress ausgesetzt sind, wie beispielsweise Fürhungskräfte in verantwortungsvollen Positionen, kann auch ein individuelles Business-Coaching helfen, aktiv mit ihrem Atem mehr Ausgleich zu finden und weniger Stresssymptome zu entwickeln.
Es braucht Zeit, Geduld und Disziplin um die Atemtechniken
richtig anzuwenden. Dabei wird die Selbstwahrnehmung geschult, um kritische
Situationen besser und schneller erkennen zu können um dann richtig und
angemessen zu reagieren.
Der Atem hat in der östlichen Sichtweise eine viel tiefere
Bedeutung als bei uns
In Indien, Tibet und China wird der Atem als „König der
Körperfunktionen“ gesehen, der Lebensenergie transportiert. Unser westliches
Verständnis vom Atem ist eher ein mechanisches: Eine notwendige Körperfunktion,
die Sauerstoff und Kohlendioxid transportiert. Dazwischen liegen Welten.
Westliche Therapieformen lassen sich vereinfacht gesprochen in zwei Hauptströmungen unterteilen. Zum einen die physiotherapeutische Atemtherapie. Dort steht der mechanisch-funktionelle Teil des Atemprozesses im Vordergrund. Diese Therapie wird daher hauptsächlich bei Atemwegserkrankungen angewandt. Wichtig ist dabei zu verstehen, dass so eine Therapie unterstützend wirken kann, die Lebensqualität zu verbessern, man sollte sich jedoch nicht ausschliesslich darauf verlassen.
Die zweite Therapierichtung ist die nicht physiotherapeutische
Atemtherapie. Diese befasst sich stärker mit emotionalen Aspekten. Dabei ist
das Angebot extrem vielfältig, Vorsicht ist bei der Auswahl der Therapie und
des Therapeuten geboten, nicht alle sind seriös und fundiert. Manche Therpaien
finden im Liegen, andere im sitzen oder gar stehen statt. Manche mit, andere
ohne Berührungen. Manche Therapien werden mit intensiven Gesprächen begleitet,
mache fokussieren sich ausschliesslich auf das Atmen. Hier gilt vor allem eins:
ausprobieren und hineinspüren, welche Form der Atemtherapie mich anspricht.
Über den Autor: Stefan Geisse ist Yoga- und Meditationslehrer. Bei seiner Tätigkeit steht dabei der bewusste Einsatz des Atems im Vordergrund. Dadurch können seine Seminarteilnehmer bewusst Achtsamkeit lernen und üben, gezielt Ihren Geist zu beruhigen und zu schulen – Grundlage um tiefer in meditative Prozesse vorzudringen. Achtsamkeit lernen