5. April 2017

Mindfulness

Mindfulness ist ein englisches Wort für Achtsamkeit. Doch was genau bedeutet Mindfulness?

Die Essenz von Mindfulness ist Aufmerksamkeit und ein klares Bewusstsein

Bei Mindfulness geht es darum, kontinuierlich zu üben, wach und anwesend in seinem Leben zu sein. Achtsam den Moment wahrnehmen. Ohne diesen zu bewerten oder zu verurteilen. Unser Geist ist ständig aktiv und lebt von den Sinneswahrnehmungen und Erinnerungen. Unbewusst gleicht er das Wahrgenommene mit seinen Erfahrungen ab und gibt Bewertungen dazu. „Das schaffe ich nie“, „das ist wertlos“ oder „daraus wird nie etwas“ sind Beispiele für solche Bewertungen und Urteile unseres Geistes.

In der Mindfulness üben wir, dies wahrzunehmen. Und auch eben diesen Gedanken nicht zu bewerten („schlecht, dass ich das jetzt denke!“). Sondern ihn so stehen zu lassen wie er ist. Um dann wieder zum Moment zu kommen: Was nehme ich wahr? Was spüre ich? Was fühle ich? Welche Empfindung ist jetzt gerade da?

Durch Mindfulness lernen wir, dass negative Gedanken (aber natürlich auch positive) somit keine Tatsachen sind. Sondern eben nur Gedanken. Verfangen wir uns in ihnen, werden wir unglücklich (im Buddhismus wie Yoga ist das Leben eine Leidvolle Erfahrung, die es zu machen und zu erkennen gilt). Erkennen wir, dass es nur Konstrukte unseres Geistes sind, werden wir frei.

Achtsamkeit ist alles: Achtsamkeitstraining und Mindfulness

Im Training von Mindfulness lernen wir aus einer freundlichen, aufmerksamen Grundhaltung heraus, die Aufmerksamkeit zu stabilisieren, auszurichten und zu lenken. Somit wird der Übende mit der Welt in ihrem Inneren vertraut. Ohne über das, was er (oder andere) denkt, fühlt oder erfährt, urteilen zu müssen.

Mit Mindfulness lernt man, mit Ruhe und Unruhe in jedem Moment umzugehen. Man lernt, bedrückende Gedanken und Gefühle zu erkennen und anzunehmen. Ohne sie zu unterdrücken oder sich von ihnen mitreißen zu lassen. Sondern ihnen einfach freundliche Aufmerksamkeit zu schenken. Das ist nicht einfach und bedarf Übung. Aber es gelingt! Und durch das regelmässige üben von Mindfulness lernt man liebevoll und mit Akzeptanz sich selbst und andere zu begegnen.

  • Aufmerksamkeit des offenen Herzens und Geistes zu spüren
  • Achtsam bei der Wahrnehmung der Sinneseindrücke zu sein
  • seinen Körper, Gedanken und Gefühle besser kennen zu lernen
  • bei sich und anderen zu sein
  • alles mit inniger Absicht zur Kenntnis zu nehmen
  • wach und ohne Wunsch zu sein, irgendetwas zu verändern oder zu behalten
  • im Fluss des Lebens zu sein und zu erkennen, dass alles erscheint und wieder vergeht

In der auf Mindfulness basierten Interventionen wie MBCT wird Mindfulness als reine Wahrnehmung definiert, welche in ihrer Qualität von Weite alle Gedanken und Emotionen halten kann (Williams, Kabat-Zinn, 2011). MBCT ist die Abkürzung von «Mindfulness-Based Cognitive Therapy of Depression» und wird am besten übersetzt mit «Achtsamkeitsbasierte Rückfallprophylaxe bei Depression».

MBCT wurde von den Professoren Williams, Teasdale und Segal auf der Grundlage von MBSR speziell für Menschen entwickelt, die bereits ein- oder mehrmals depressive Episoden durchlebt haben. Durch MBCT konnte das Risiko von Rückfällen nachweislich sehr stark verringert werden.

Die von ihnen entwickelte Mindfulness-Therapie enthält dabei zwei Komponenten. Zum einen die Selbst-Regulation von Aufmerksamkeit. So dass diese Aufmerksamkeit fokussiert bleibt auf die unmittelbare Erfahrung, Und zum anderen eine Entwicklung von Neugier, Offenheit und Akzeptanz gegenüber seiner Erfahrung.

Mindfulness entsteht aus dem Üben von drei Fähigkeiten:

  • Mit Bewusstheit aufmerksam sein für die Geschehnisse, die sich entfalten in der inneren und äusseren Welt, von Moment zu Moment,
  • Die Gewohnheitsmässige Reaktionen auf diese Geschehnisse zur Kenntnis nehmen. Oft sind diese gekennzeichnet durch Ablehnung oder Anhaften (was meist Grübelei oder Vermeidung zur Folge hat).
  • Die Fähigkeit zu entwickeln, den Geschehnissen und unserem Reagieren darauf mit einer Haltung von Neugier und Mitgefühl zu begegnen.

Bei Mindfulness kommen kontemplativen Techniken zum Einsatz. Diese sind das Erlernen und Üben von einer fokussierten Aufmerksamkeit. Der Üben erlernt dabei das Fokussieren, Erhalten, Beobachten, Loslassen und Umleiten von Aufmerksamkeit. Aber auch das sogenannte Open Monitoring. Ein moderner Ausdruck für Meditation. Also das Üben eines nicht-reagierendes, freundliches Beobachten der von Moment zu Moment auftauchenden Erfahrung, ohne sich mit ihr zu identifizieren.

Mindfulness fördert also durch die Übung von Achtsamkeit eine bewusstere Wahrnehmung von Stimmungen, Gedanken, Gefühlen und Körperempfindungen. Gerade melancholische oder gar depressive Menschen können so Frühwarnsymptome rechtzeitig wahrnehmen und depressive Rückfälle vermeiden.

Im MBCT-Programm werden die Grundelemente von Mindfulness Based Stres Reduction (MBSR) mit Techniken der kognitiven Verhaltenstherapie kombiniert. Neben den Mindfulness Übungen (Meditationen und achtsame Körperübungen) wird das Programm ergänzt durch grundlegende Informationen zum Thema Depressionen sowie Übungen der kognitiven Verhaltenstherapie. Dabei wird die Verbindung zwischen Denken und Fühlen hervorhgehoben

Oft verselbständigen sich Gedanken und lenken uns in eine Einbahnstrasse. Die Gedanken kreisen nur noch um ein Thema, das Negative überwiegt. In der Mindfulness lernt man somit diesen Autopiloten auszuschalten. Um sie aus belastenden negativen Gedankenschleifen auszusteigen und sich ins Hier-und-Jetzt zurückzuholen.

Dieser wache und bewusste Umgang mit sich selbst wird durch die Übung der Achtsamkeit geschult. In dem Achtsamkeitstraining steht die Bewusstmachung und Überprüfung von Kognitionen und Einstellungen im Vordergrund. Spezielle Übungen können erlernt werden, so zum Beispiel die Aufmerksamkeit auf bestimmte Weise zu fokussieren und auf den Atem zu lenken. Um damit ein erprobtes Mittel zur Stressbewältigung zu haben.

Kernelemente von Mindfulness sind:

  • Achtsame Körperwahrnehmung
  • Achtsame Körperarbeit
  • Meditation im Sitzen und Gehen
  • Achtsamkeitsübungen für den Alltag
  • Elemente aus der kognitiven Verhaltenstherapie

Woher kommt Mindfulness?

Mindfulness oder Achtsamkeit hat in den letzten Jahren bemerkenswert an Popularität. Auf der gleichen Linie wird auf der ganzen Welt eine beträchtliche Anzahl an Kursen und Workshops zum Thema Achtsamkeit angeboten. Dabei geht Achtsamkeit und Mindfulness zurück auf die Übersetzung des Wortes ‘sati’ aus der indischen Sprache Pali, in der die Lehren Buddhas ursprünglich geschrieben wurden: Der Begriff umfasst die Bedeutungen „gewahr werden“, „aufmerksam sein“ und „erinnern“.

Das ist der Kern von Mindfulness: Indem wir gewahr werden, was in uns und um uns geschieht, können wir beginnen, uns von Sorgen und komplexen Gefühlen zu befreien. Indem wir lernen unsere Aufmerksamkeit zu kanalisieren. Und nicht intensive Emotionen kontrollieren oder unterdrücken zu wollen. Mit fortgeschrittener Übungspraxis können wir regulieren und justieren, wie wir uns fühlen. Und uns nicht abhängig machen von äusseren Einflüssen.

Ein weiterer Aspekt der Achtsamkeit ist das Erinnern. Damit ist nicht vordergründig die Erinnerung an vergangene Ereignisse gemeint. Vielmehr geht es bei Mindfulness darum, sich daran zu erinnern, sich dessen, was mit uns geschieht, bewusst zu sein und darauf zu achten.

 

Der Zen-Meister, spirituelle Führer und weltbekannte Autor Thich Nhat Hanh hat den Begriff Mindfulness bzw. Achtsamkeit zum ersten Mal in seinem Buch Das Wunder der Achtsamkeit verwendet. Es handelt sich dabei um einem Brief, den er seinen Schülern aus dem Exil schrieb. Darin erinnert er sie daran, wie wichtig es ist, Atemübungen zu machen und stets auf den gegenwärtigen Moment zu achten, um Frieden zu erlangen.

Jahre später führte Jon Kabat-Zinn, Wissenschaftler und Doktor der Molekularbiologie, die achtsame Meditation in die Medizin ein. Er war der erste, der das Potential der Achtsamkeit bei der Behandlung chronischer Krankheiten erkannte. Er passte sie an und strukturierte sie 1979 zu einem achtwöchigen Kurs zur Stressbewältigung an der University of Massachusetts Medical School. Er nannte es Mindfulness Based Stress Reduction, kurz MBSR.

Kabat-Zinn kann somit als westlicher Pioneer gesehen werden, der das jahrtausendealte Wissen des Buddhismus und Yoga in die aufgeklärte Welt brachte. Er gründete die Stressbewältigungsklinik, die sich später zum Center for Mindfulness in Medicine, Health Care and Society weiterentwickelte. Seit über 30 Jahren arbeiten er und sein Team an der Einbindung der Achtsamkeit und anderer ergänzender Techniken in die Medizin und die Gesundheitswissenschaften.

Durch Mindfulness kann somit Stressbewältigung geübt werden. Sie hilft, betroffene Stress, Angst oder Schmerzen positiv und konstruktiv zu begegnen.

Doch ist Mindfulness nicht länger auf den medizinischen Fachbereich beschränk. Sondern wird mittlerweile in verschiedensten Bereichen wie Erziehung, Sozialarbeit aber auch Management angewandt.

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