Stressbewältigung ist in unserer heutigen Zeit wichtiger denn eh und je. Der Druck steigt im beruflichen Leben. Enormer Zeitdruck, hohe Anforderungen an die Arbeitsleitung und das Ergebnis, aber auch Konflikte mit Mitarbeitern, Kollegen und Vorgesetzten nehmen zu. Die Fehlertoleranz schwindet, auch das Verständnis, einmal nicht arbeiten zu müssen und sich eine Pause und Auszeit gönnen zu dürfen.
Ganz im Gegenteil: Durch die ständige Erreichbarkeit mit dem Mobiltelefon und Internet verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben zusehends. Schnell mal die Emails gecheckt, nur noch eine kurze SMS an den Lieferanten und schon bin ich wieder mitten im Stressgeschehen.
Abschalten wird immer schwieriger
Aus meiner Zeit als Manager in grossen internationalen Konzernen kenne ich das Gefühl nur zu gut. Der Abend ist gespickt mit Gedanken wie: Habe ich etwas vergessen, kann ich nicht schnell noch eingreifen, gibt es noch etwas, was vor dem morgigen Meeting delegiert werden kann? Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Feier-Abend entrückte auch bei mir so immer mehr ins lächerliche.
Ständige Alarmbereitschaft bei Stress
Die Folgen: Unsere Gedanken kommen nicht mehr zur Ruhe, der Körper läuft ständig auf Hochtouren, ständig werden Stresshormone ausgeschüttet. Was vor geraumer Zeit in der Evolution noch das Überleben sicherte, ist heute Kontraproduktiv: Unser Organismus ist ständig auf Alarmbereitschaft, ständig wird Gefahr und Bedrohung erwartet, zusätzliche Energie wird für eine mögliche Auseinandersetzung oder die Flucht vor einem gefährlichen Gegner bereitgestellt.
Doch was früher durchaus Sinn machte, ist heute nicht mehr Zeitgemäss: Es geht nicht um das reine Überleben und das archaische „fight or flight“. Sondern um die konstruktive Auseinandersetzung bei Konflikten mit Kollegen oder einer grossen Arbeitsbelastung. Rational scheinen wir das verstanden zu haben, doch unser Organismus lebt immer noch in vergangenen Zeiten:
Körperliche Stresssymptome und Stressreaktionen
Der Blutdruck erhöht sich, Arterien verengen sich, die Atmung wird schneller und intensiver: Mehr Sauerstoff kann so schneller an die relevanten Stellen des Körpers transportiert werden um zusätzliche Energie zu produzieren und beteiligte Muskeln zu versorgen. Der Blick verengt sich, die Gedanken reduzieren sich auf das wesentliche, die Verdauung wird eingestellt, ebenso das Immunsystem und die Libido. Der Körper spart Energie wo er nur kann.
Doch nicht nur auf körperlicher Ebene zeigt sich der Stress: Unser Verhalten ändert sich, wir werden aggressiv oder ziehen uns zurück, die Sprache verändert sich, ebenso gängige Verhaltensweisen.
Wenn Stress chronisch wird
Grundsätzlich ist Stress nicht negativ. Er sorgt dafür, dass wir bei fordernden Situationen außergewöhnlich viel Energie haben, um diese zu bewältigen. Kritisch wird es hingegen, wenn Stress chronisch wird.
Die oben aufgezeigten Stressreaktionen verfestigen sich, es entstehen Krankheitssymptome wie Bluthochdruck, Rückenschmerzen, Verspannungen in Schultern und Nacken bis hin zu Zähneknirschen. Aber auch Schlafstörungen, nie zur Ruhe kommende Gedanken oder auch gesteigerte Aggressivität oder unterdrückte Gefühle wie Wut oder Trauer manifestieren sich. Wir werden krank.
Stressbewältigung auf ganzer Linie
Oft beobachte ich, dass Klienten von mir viel in die Stressbewältigung mittels sportlichem Ausgleich investieren. Dem ist grundsätzlich nichts dagegen zu halten, körperliche Bewegung baut angespannte Spannungen ab, frische Luft durch Bewegung in der Natur schenkt neue Energie und Lebenskraft.
Doch hilft es meiner Meinung nach nicht, nur in den Abbau von Stressreaktionen zu investieren.
Dreiteiliges Stressgeschehen
Denn Stress kann auf drei Dimensionen abgebildet werden. Zuerst sind allgemeine Stressoren wie hohe Arbeitsbelastung, Zeitdruck, Lärm, hohe Erwartungshaltung von Vorgesetzten oder Partnern zu nennen. Diese Stressoren treten überall auf, es ist unmöglich ihnen zu entgehen. Man kann daran arbeiten, die Stressoren abzumildern und an seiner sogenannten instrumentellen Stresskompetenz zu arbeiten.
Instrumentelle Stresskompetenz zur Reduktion allgemeiner Stressoren
Arbeitsorganisation, Zeitmanagement und allgemeine Organisation des Tages können helfen, Stressoren zu mildern.
So hilft beispielsweise die Eisenhower Matrix, Arbeit zu priorisieren und wichtigem von unwichtigem zu trennen.
Mentales Stressmanagement zur Stressbewältigung
Meine Erfahrung in der Arbeit mit Klienten zeigt, dass der grösste Hebel jedoch im mentalen Stressmanagement liegt. Letztendlich können allgemeine Stressoren zwar etwas abgeschwächt werden, doch wenn nun mal viel Arbeit da ist, kann dies nicht ignoriert werden.
Entscheidend ist dabei, wie ich mit dem allgemeinen Stressor umgehe. Vielfach höre ich dann Sätze wie „ich kann es nicht“ oder „ich will es perfekt machen“ oder auch „ich kann einfach nicht Nein sagen“. Diese Sätze, oder vielmehr Glaubenssätze bestimmen oft unbewusst, wie wir mit allgemeinen Stressoren umgehen und wie wir Stress bewältigen.
Glaubenssätze von klein auf gelernt
Dabei beobachte ich, dass diese limitierenden Glaubenssätze oft schon in früher Kindheit eingeprägt wurden. Sei es durch die Herkunftsfamilie, welche diese Sätze vorlebt oder das Umfeld welche das Kind prägt.
Ein Beispiel: Der kleine Junge erzielt beim Fußballspiel ein Tor, freut sich und rennt zum Vater um Bestätigung zu bekommen. Dieser Lobt ihn kurz und sagt dann: „Aber ein Tor schiesst du schon noch“. Scheinbar eine Lappalie, die jedoch – wiederholt sich dieses Muster immer wieder – prägend ist. Der Junge lernt, dass er nie genügt, egal wie er sich anstrengt.
Die Folge: Er arbeitet viel, fast besessen, um die nicht erlangte Anerkennung und Bestätigung durch harte Arbeit zu erlangen. Eine Strategie, die zum Scheitern verurteilt ist. Denn sein Arbeitgeber gibt ihm zwar Geld dafür, vielleicht sehr viel Geld, doch sicherlich keine liebevolle und wertschätzende Anerkennung die er so gerne hätte. Die Konsequenz: Er arbeitet noch mehr…
Stressbewältigung durch Bewusstheit und Selbstreflexion
Ich habe in meiner Praxis sehr gute Erfahrung sammeln können, wie diese Glaubenssätze durch Bewusstmachung an die Oberfläche kommen und so nach und nach durch positive Gedanken ersetzt werden können. Diese Technik ist jahrtausendealt, der Yoga benutz sie unter dem Titel des Sankalpa, ein moderner Begriff dafür ist Affirmation.
Dabei geht es nicht um Manipulation oder Hypnose, sondern, dass der Betroffene lernt, einen neuen Gedanken für einen alten ins sein Leben zu lassen. Ein Prozess der seine Zeit und regelmässige Übung benötigt, aber ungemein Kraftvoll ist.
Aus „sei perfekt“ wird so zum Beispiel „ich gebe mein Bestes und achte auf mich“. Aus „ich kann nicht“ wird „ich mache es so gut ich kann und gebe es dann ab“. Dabei achte ich darauf, dass der jeweilige neue Satz vom Herzen, vom tiefsten Inneren des Betroffenen kommt. Die Meditation und eine bewusste Körpersprache helfen dabei, den neuen Satz nach und nach mehr Kraft zu geben.
Stressbewältigung mit moderner Kommunikationspsychologie
Aber auch setze ich moderne Konzepte aus der Kommunikationspsychologie in meinen Seminaren und Coachings ein, um eine Einstellungs- und Verhaltensänderung bei gestressten zu erzielen. Denn vielfach kommen stressverschärfende Situationen aus missglückter Kommunikation und resultieren in Konflikten.
Dabei hilft zum Beispiel das Vier-Ohren-Modell oder die Transaktionsanalyse um ein tieferes Verständnis zur Stressbewältigung zu erlangen.
Regenerative Stresskompetenz um Stress zu bewältigen
Trifft also ein stressverschärfender Gedanke auf einen Stressor, entsteht eine Stressreaktion. Diese kann sich körperlich, habituell also verhaltensbezogen oder auch mental äussern. Einige Beispiele einer Stressreaktion wurden bereits genannt.
Hier arbeite ich zur Stressbewältigung mit den Methoden des Yoga und habe sehr erfolgreiche Ergebnisse beobachten können: Bewusste Atemführung, Körperhaltungen als auch Konzentrations- und Koordinationsübungen helfen, Stress abzubauen und blockierte Energie aufzulösen bzw. in den richtigen Bahnen zu lenken.
Dies streigert die Resilienz, also die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen und sie durch Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen als Anlass für Entwicklungen zu nutzen.
Meditation und Achtsamkeit bei Stress
Und letztendlich hilft die Meditation um Stress zu bewältigen. In die Stille zu gehen, Gedanken zur Ruhe zu bringen, wieder mehr Klarheit zu erlangen, die Meditation bietet eine wunderbare Möglichkeit zur Stressbewältigung. Bekannt wurde der Einsatz von Meditation im Rahmen des von Jon Kabat Zinn entwickelten Stressbewältigung-Programms Mindfulness Based Stress Reduction, kurz MBSR. Dabei geht es darum, seine eigene Achtsamkeit gegenüber den Signalen des Körpers und Geistes zu trainieren.
Über den Autor: Stefan Geisse arbeitete lange Jahre als Mager und Führungskraft in internationalen Konzernen bevor er durch den Yoga, Ayurveda und Buddhismus zu einer erfolgreichen Stressbewältigung fand. Er nutzt heute seine Erfahrung mit diesen Wissenslehren Menschen in der Wirtschaft zu beraten und ihnen so zu einem stressfreien und erfolgreichen Leben zurück zu finden. Stefan Geisse veranstaltet Seminare in Auszeiten in Klöstern und in den Bergen. In diesen Stress-Auszeiten lernen die Teilnehmer Achtsamkeit, Yoga. Meditation und finden so zu einem bewussteren Leben.
Mehr über Stressbewältigung und Achtsamkeitstraining auch auf seiner Webseite www.induality.com