Penetranteste Ohrgerรคusche und Tinnitus sind nicht nur nervig, sondern auch belastend. Erfahre mehr รผber die Ursachen und Symptome von Tinnitus und was Du konkret tun kannst.
Unsere Ohren sind permanent Beschallung ausgesetzt. Sei es Alltagslรคrm, das Pendeln in der S-Bahn oder Telefonie und Podcasts und Musik die wir stรคndig hรถren. Vor allem bei Pendlern sind Kopfhรถrer ein fester Bestandteil der Morgen- und Abendroutine. Hinzu kommt, dass auch Bildschirm-telefonie und Konferenzen im Job am besten mit Stรถpsel im Ohr funktionieren. Das Problem: Bei lauten Aussengerรคuschen regelt man schnell die Lautstรคrke hoch und รผbergeht damit nicht selten den empfohlenen Hรถchstwert.
Der Deutsche Berufsverband fรผr Hals- Nasen- Ohrenรคrzte berichtet, dass eine Lautstรคrke รผber 85 Dezibel kritisch fรผr die Ohren ist. Das ist etwa so laut wie eine viel befahrene Strasse, ein Staubsauger oder ein Rasenmรคher. Bei Kopfhรถren wird diese Grenze sehr schnell รผberschritten. Auf Dauer kann dies zu ernsthaften Schรคden im Ohr fรผhren, nicht selten beklagen Betroffene ein penetrantes Gerรคusch, Tinnitus genannt.
Was sind die Ursachen von Tinnitus?
Ohrgerรคusche wie stรคndiges Pfeifen oder Summen kรถnnen unterschiedlichste Ursachen haben. Das Symptom kann grundsรคtzlich bei fast jeder Ohrerkrankung begleitend auftreten. Dabei gibt es viele mรถgliche Ursachen: Zum einem entzรผndliche, tumorรถse sowie medikamentรถs-toxische Ursachen. Oder aber auch mechanische und akustische Ursachen kรถnnen ebenso zu Tinnitus fรผhren. Es wird auch berichtet, dass Herz-Kreislauf- oder Stoffwechselerkrankungen das Syptom chronischen Ohrensausens auslรถsen kรถnnen. Experten unterscheiden zwischen einem akutem, welche weniger als 3 Monate besteht und einem chronischen Tinnitus (lรคnger als 3 Monate).
Der Charakter der Ohrgerรคusche und die Intensitรคt des Tinnitus werden von den Betroffenen sehr unterschiedlich beschrieben. So berichten manche รผber ein Piepsen, Zischen oder Rauschen, das von kaum hรถrbar bis extrem laut variiert. Diese Vielfalt and Symptomen macht es schwer, Rรผckschlรผsse auf die zugrunde liegende Ursache zuzulassen.
Laut der Schweizerischen Tinnitus-Liga leiden etwa 4% aller Erwachsenen an den Gerรคuschen, die sie seit mindestens 3 Monaten begleiten. Das sind mehrere Zehntausend Menschen in der Schweiz, wovon nicht wenige auf eine Therapie warten, dass das Pfeifen, Klingeln, Rauschen oder Summen in ihrem Kopf reduziert wird oder sie einen ertrรคglichen Umgang mit dem Leiden finden.
Wie funktioniert unser Ohr?
Unser Gehรถr ist eines unser wichtigsten Sinne. Denn es nimmt nicht nur Gerรคusche, Stimmen und Tรถne wahr, sondern steuert gleichzeitig unseren Gleichgewichtssinn.
Trifft der Schall aufs Ohr, wird er als Impulswelle รผber das Trommelfell und Gehรถrknรถchelchen zur Gehรถrmuschel geleitet. Dort wandeln kleine Haarzellen die Schallwellen in bioelektrische Impulse um, die an das Gehirn weitergeleitet werden. He weniger von diesen Haarzellen arbeiten, desto weniger kommt im Gehirn an.
Es gibt Forschungen, die bestรคtigen, dass wenn wir 40 Stunden in der Woche einen Schallpegel von 80 bis 85 Dezibel abbekommen, dass dies zu Hรถrminderungen oder Ohrgerรคuschen wie Tinnitus fรผhren kann. Schon der Ton, den man nach einem Rockkonzert im Ohr hat, ist ein Zeichen, dass die Verbindung von Haarzellen und Nervenzellen gestรถrt ist. Heute weiss man, dass der Lรคrm von solchen lauten Konzerten fรผr rund 10 Prozent aller Hรถhrschรคden darauf zurรผckzufรผhren ist.
Tinnitus und Stress
Obwohl es nicht belegt ist, dass Stress als direkter Auslรถser von Tinnitus verantwortlich ist, kann er die Ohrengerรคusche verstรคrken. Damit wird Stress auch รถfters als Ursache erlebt.
Eine Studie der Minia University in รgypten, hat ergeben, dass nur 25 von 100 Tinnitus Patienten ein normales Stress-Niveau haben. Die Mehrheit der untersuchten Patienten hatte mindestens leichte bis mรครige oder schwere Stresssymptome. Diesen hohen Zahlen stehen die Ergebnisse einer Vergleichsgruppe gegenรผber, die aus 46 Patienten mit Schwerhรถrigkeit aber ohne Tinnitus bestand. In der Vergleichsgruppe gab kein einziger Teilnehmer an, gestresst zu sein.
Eine weitere Studie belegte einen direkten Zusammenhang zwischen der Schwere und Dauer der Stress-Symptome und der Intensitรคt des Tinnitus. Bei den untersuchten Probanden gaben diejenigen an, die am meisten gestresst waren, dass sie auch am stรคrksten und lรคngsten unter den Symptomen von chronischen Ohrgerรคuschen litten.
Eine Studie von S. Herbert hat ergeben, dass bei รผber der Hรคfte der Tinnitus-Patienten die Ohrengerรคusche in einer stressigen Periode ihres Lebens aufgetaucht sind. Ebenfalls รผber die Hรคlfe der Befragten sagte aus, dass der Tinnitus wรคhrend stressigen Perioden zunimmt. Es lรคsst sich sicherlich auf eine Verbindung von Stress und dem Beginn oder dem Fortschreiten des Tinnitus schlieรen.
Was kann ich bei Tinnitus tun?
Wer plรถtzlich Ohrensausen bekommt, sollte erstmal ein, zwei Tage abwarten, ob die Stรถrung von selbst abklingt, Ab dem dritten Tag ist es sinnvoll, einen HNO-Arzt aufzusuchen. Achtung: Es kann sich auch um einen Hรถrsturz bzw. โOhrinfarkt” handeln, dies ist der Fall, wenn plรถtzlich einseitige Hรถrprobleme (โInnenohrschwerhรถrigkeit”) bis hin zum Hรถrverlust auftreten – ohne offensichtliche Ursache. Betroffene berichten von einem dumpfen Gefรผhl im Ohr, das sie wie โWatte im Ohr” beschreiben. Ein Hรถrsturz muss ernst genommen werden, es ist aber kein Notfall. Bei gut der Hรคlfte der Betroffenen normalisiert sich das Gehรถr nach wenigen Stunden oder spรคtestens nach ein bis zwei Tagen von ganz allein. Halten die Beschwerden an, sollte auch hier innerhalb weniger Tage ein HNO-Arzt kontaktiert werden.
5 Tipps gegen Tinnitus
- Ginko-Extrakt fรถrdert die Durchblutung in den feinen Blutgefรคssen und hilft dem Gehirn, das stรถrende Gerรคusch zu ยซverlernenยป
- Ein gezieltes Training und eine Verhaltenstherapie sind hilfreich fรผr einen besseren Umgang mit Alltagsstress.
- Progressive Muskelrelaxation oder Yoga und Meditation wirken sich positiv auf stressbedingte Ohrgerรคusche aus. Ausdauersport ist ein gutes Mittel, muskulรคre Probleme zu bessern und Stress abzubauen.
- Leise Musik kann das Einschlafen bei Tinnitus erleichtern.
- Eine gesunde Lebensweise hilft, mit bestehenden Ohrgerรคuschen umzugehen, bzw. ihnen vorzubeugen. Dazu gehรถrt viel kรถrperliche Bewegung, ausreichend Schlaf und eine ausgewogene Ernรคhrung. ย
Therapieansรคtze bei chronischen Ohrgerรคuschen
Ein chronischer Tinnitus welcher lรคnger als 3 Monate besteht kann mit verschiedenen Therapien behandelt werden. So stehen beispielsweise psychotherapeutische Methoden (z.B. Tinnitus-Retraining-Therapie) oder auch akustische Verfahren zur Verfรผgung. Dabei sind die Ziele bei einer entsprechenden Therapie, den Patienten so zu schulen, dass er einerseits mit dem Ton im Ohr zu leben kann und lernt, seine Aufmerksamkeit anderen Dingen zuzuwenden. Dies hilft ihm, das Gerรคusch zu รผberhรถren und so die Beeintrรคchtigung durch den Tinnitus zu vermindern. Bei dieser Therapie werden auch Rauschgeneratoren oder Tinnitus-Noiser eingesetzt und gezielt auf die Beschwerden jedes einzelnen Betroffenen individuell programmiert.
Es gibt darรผber hinaus auch neuere Therapieansรคtze wie z.B. Musiktherapie oder die akustische Neuromodulation. Diese Techniken zielen darauf ab, den Tinnituston ยซzu verlernenยป. Dies geschieht schmerzfrei mit gezielten, akustischen Signalen, welche die krankhaften Nervenzellen im Hรถrzentrum stรถren.
Bei einer ganzheitlichen Behandlung von Tinnitus steht im Vordergrund, dass das Hรถr-Gedรคchtnis umprogrammiert wird und gleichzeitig Stressfaktoren identifiziert werden. Um diese mit Entspannungstherapien, Yoga oder auch psychologischen und therapeutischen Behandlungen zu reduzieren. Neben einem umfassenden Stressmanagement hilft auch das Erlernen von Achtsamkeit um die Symptome zu reduzieren. Dadurch lernt der Betroffene, sich mit den chronischen Gerรคuschen im Ohr nicht zu verstricken, sondern sie neutral wahrzunehmen und nicht zu bewerten.
Erlerne Achtsamkeit um konstruktiv mit stรถrenden Ohrgerรคuschen und Tinnitus umgehen zu kรถnnen. Mit vielen Erklรคrvideos, hilfreichen รbungen, Meditationen und Tipps: Zum Online Training
Tinnitus und Corona
Eine aktuelle Studie des Tinnituszentrums der Universitรคt Regensburg ergab, dass die Tinnitusbelastung der untersuchten Probanden im April 2020 signifikant hรถher war als zwei Jahre zuvor. Die Forscher vermuten, dass dies stark mit dem erlebten Lockdown-Stress zusamenhรคngt, Das iszt insoweit nachvollziehbar, da Ohrgerรคusche hรคufig auch psychosomatische Ursachen haben.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass emotionaler Stress und รngste in diesem Fall die Hauptursache fรผr Ohrgerรคusche und Tinnitus sind. Es konnte jedoch nicht belegt werden, dass Coronaviren Jรถr- oder Hirnzellen angreifen.
Adressen und Infos bei Tinnitus
In Selbsthilfegruppen kรถnne sich Teilnehmer gegenseitig unterstรผtzen. Die Deutsche Tinnitus-Liga in Wuppertal bietet zusamen mit ihren 100 รผber ganz Deutschland verteilten Gruppen umfangreiche Informationen und persรถnliche Beratungen an. https://tinnitus-liga.de/
Die Schweizerische Tinnitus-Liga (STL) ist eine gemeinnรผtzige Vereinigung von Menschen, die sich der Betroffenen mit Tinnitus, Hรถrsturz und Morbus Meniรจre annehmen mรถchten. Sie steht unter der Schirmherrschaft von โpro auditoโ, der Organisation fรผr Menschen mit Hรถrproblemen in der Schweiz. https://www.tinnitus-liga.ch/
Kalmeda ist eine individuelle Tinnitusbehandlung auf Basis einer kognitiven Verhaltenstherapie. Die App ist als Medizinprodukt zugelassen, รrzte kรถnnen die Kassenpatienten zahlungsfrei verschreiben. https://www.kalmeda.de/
Quellen:
Gomaa, M.A.M., Elmagd, M.H.A., Elbadry, M.M. Et al. (2014). Depression, Angst und Stress Skala bei Patienten mit Tinnitus und Hรถrverlust. Eur Arch Otorhinolaryngol 271: 2177-2184. DOI: 10.1007 / s00405-013-2715-6
Mazurek, B., Haupt, H., Olze, H. und Szczepek, A. J. (2012). Stress und Tinnitus – vom Bett bis zur Bank und zurรผck. Grenzen in Systems Neuroscience 6:47. DOI: 10.3389 / fnsys.2012.00047
Mazurek, B., Szczepek, A. J. und Herbert, S. (2015). Stress und Tinnitus. HNO (2015) 63: 258-265. DOI: 10.1007 / s00106-014-2973-7
Therapie des unspezifischen Tinnitus ohne organische Ursache, Wilhelm Frank, Brigitte Konta, Gerda Seiler, Deutsches Institut fรผr Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), Health Technology Assessment, Bd. 43, 2006. PDF Download