8. März 2017

Vipassana Meditation

Vipassana ist eine der ältesten Meditationsformen Indiens. Vipassana bedeutet die Dinge zu sehen, wie sie wirklich sind, sie wird auch Einsichtsmeditation genannt. Diese Meditationsmethode wurde in Indien vor über 2500 als ein universelles Heilmittel zum Überkommen von Leiden und als eine Kunst des Lebens gelehrt.

Diese jedem frei zugängliche Technik, die nichts mit Religion oder Weltanschauung zu tun hat, strebt die Beseitigung geistiger Unreinheiten an. Und somit vollkommene Befreiung an. Bei der Vispassana-Meditation geht es um Heilung, jedoch nicht nur Heilung von Krankheiten. Sondern das umfassende Geheiltwerden von menschlichem Leiden ist ihr Ziel.

Meditation Vispassana Yoga

Dabei geht es bei Vipassana um einen Weg der Selbstveränderung durch Selbstbeobachtung. Der Schwerpunkt liegt auf der engen Wechselbeziehung zwischen Körper und Geist. Diese Wechselbeziehung kann auf die körperlichen Empfindungen gerichtete Achtsamkeit auf direktem Wege erfahren werden.

Vipassana Meditation ist geistiges Training

Bei der Vipassana-Meditation geht man auf eine Reise um seinen Körper und Geist und deren Wechelsbeziehungen zu erforschen. Dadurch lösen sich nach und nach geistige Unreinheiten auf und führt zu einem ausgeglichenen Geist voller Liebe und Mitgefühl.

Die gesamte Praxis von Vipassana ist geistiges Training. So wie wir uns, um unsere physische Gesundheit zu verbessern, körperlichen Übungen unterziehen, dient Vipassana auf der geistigen Ebene der Entwicklung eines gesunden Geistes.

Die Naturgesetze, die unser Denken, unsere Gefühle, unsere Urteile und Empfindungen steuern, werden klar. Regelmässiges Üben schenkt uns direkte Erfahrung. Man erkennt, wie man Fortschritte macht und wann man wieder in alte Verhaltensmuster zurückfällt. Plötzlich wird klar, wie man Leiden schafft oder sich davon befreit.
Das eigene Leben wird selbstbestimmt: Durch gesteigerte Achtsamkeit, das Durchschauen von Illusion und Täuschung, durch größere Selbstkontrolle und inneren Frieden.

Philosophische Grundlagen der Vipassana-Meditation

Vipassana bedeutet in der Sprache pali „Einsicht“. Sie bezeichnet somit im Buddhismus die Einsicht in die Drei Daseinsmerkmale „Unbeständigkeit“ (anicca), „Leidhaftigkeit bzw. Nichtgenügen“ (dukkha) und „Nicht-Selbst“ (anatta). Der Übungsweg zur Entfaltung dieser Einsicht wird „Vipassana-Meditation“, „Einsichtsmeditation“ oder auch „Vipassana-Praxis“ genannt.

Überwindung von Nichtsehen und Verblendung

Die Vipassana-Praxis ist somit ein Weg, um das durch Nichtsehen (avijjâ) und Verblendung (kilesa) verursachte Leiden (dukkha) zu überwinden. In der Philosophie des Buddhimsus aber auch den Vedischen Schriften, aus denen sich der Yoga entwickelt hat, geht es darum, die Befreiung aus dem Kreislauf der Wiedergeburt (Nirwana) zu erlangen. Diese Übungstechnik wird den überlieferten Lehrreden des Buddha zurückgeführt.

Die Vipassana-Praxis und das Erreichen ihrer Ziele ist grundsätzlich an keine Religionszugehörigkeit gebunden. Vipassana-Meditation wird auch von Nicht-Buddhisten geübt und gelehrt. Wesentlicher Teil der verschiedenen Schulungsmethoden ist die Übung von Achtsamkeit (sati). Oft wird dabei die Vipassana-Meditation gewöhnlich „Achtsamkeitsmeditation“ statt Einsichtsmeditation genannt.

Wörtlich kann man Vipassana auch als „Auseinander-Sehen“ übersetzen. Es bezeichnet ein intuitiv unterscheidendes, tiefer durchschauendes „Sehen“. Dieses befreiende „Sehen“ ist frei von Illusionen. Durch das Üben der Vipassanā Meditation erlangt man eine Qualität des Tiefblickens. Um so direkt und ungetrübt alle inneren und äußeren Vorgänge erfasst. Wenn diese Unterscheidung fortwährend kultiviert wird, führt sie laut Lehre zur „vollen Befreiung“ (Nirvāna), dem höchsten Ziel buddhistischer Praxis.

Vipassana bedeutet klare Sicht

Vipassana ist weltweit die einflussreichste Form des heutigen Theravāda-Buddhismus und bildet neben dem Zen und dem tibetischen Buddhismus die dritte „Hauptströmung“ des Buddhismus im Westen. Die Ausgangsländer und hauptsächlichen Hochburgen der Achtsamkeits- bzw. Einsichtspraxis Vipassanā sind Burma und Thailand.
Buddhistische Achtsamkeitspraxis: Sammā Sati – Treffliche Achtsamkeit.

Die Traditionen der Vipassana Meditation haben zum Ziel, ganz gleich mit welcher Methode meditiert wird, eine höhere, sogenannte „Trefflichen Achtsamkeit“ (sammā sati) zu erzielen. Diese geht weit über die bloße Konzentrationsfähigkeit hinaus. Bei der trefflichen Achtsamkeit geht es um das Sehen der absoluten Wahrheit. Diese ist über unsere sinnliche Wahrnehmung zwar grundsätzlich immer und überall gegebenen, aber normalerweise durch Verblendungen bzw. „Nichtsehen“ (avijjā) verborgen.

Vipassana heisst auch Einsichtsmeditation

Diese absolute Wahrheit oder „Höchsten Realität“ wird durch eine schlichte, jederzeit entwickelbare Achtsamkeit erreicht. Es genügt also nicht, philosophische Grundlagen zu schaffen und entsprechende Texte zu studieren – diese haben eine vorbereitende Funktion – sondern um die tägliche Praxis. Dabei steht im Vordergrund, natürliche Phänomene neutral und ohne Bewertung Wahrzunehmen und zu Betrachten.

Mit Vipassana Meditation die Dinge sehen, wie sie wirklich sind

Der Zweck der traditionellen Vipassanā Meditation ist somit eine ungetrübte, alles durchdringende „Klare Sicht“ (vipassanā), welche über das reine Denken hinausgeht. Es geht um das unmittelbare Erfassen der über die Sinne wahrgenommenen Phänomene und der damit einhergehenden Körperempfindungen, Gefühlsreaktionen, Emotionen oder Gedanken.

Nach und nach schwindet so das Sichidentifizieren mit den vergänglichen Phänomenen. Als Beispiel kann hierfür die Identifikation mit dem Ego aufgeführt werden: „Ich (bin das)“ oder „mein“. Bei fortschreitender Übung schwinden somit Ängste und Leiden. Da ja keine Identifikation mit diesen mehr geschieht.

Als Voraussetzung für einen erfolgreichen Fortschritt in der Vipassana-Meditation ist auch die Entwicklung der „Herzqualitäten“, welche unsere Ethik bestimmen.

Vipassanā-Nyāna: Der Stufenweg

Vipassana wird also mit „Achtsamkeitspraxis“ oder „Einsichtsmeditation“ wiedergegeben. Der Entwicklungsprozess der Einsicht verläuft dabei in Stufen. Deshalb gibt es in manchen einflussreichen Richtungen des Vipassanā die Lehre von den aufeinander aufbauenden Ebenen des „Einsichtswissens“, den sogenannten „Vipassanā-Nyānas“.

Ein bestimmtes Maß an Konzentration (samatha), das sich mit der fortwährenden Fokussierung auf die natürlichen Prozesse von Körper-Geist einstellt,  bildet die Grundlage, um die befreienden, höheren Einsichten (vipassanā) zu verwirklichen. Man spricht dabei von der „Augenblicklichen Konzentration“.

Dabei unterscheidet sich die Buddhistische Lehre von der Yoga-Tradition, welche oft mit bestimmten Techniken wie Energielenkung mittels des Atema und Atemkontrolle (pranayama) oder Ausrichtung des Geistes (dharana) arbeitet. Im Buddhismus wird dies oft abgelehnt, da seiner Lehre nach die Konzentration auf ein Konzept oder Konstrukt die befreienden intuitiven Einsichten verhindert. Dazu zählen seiner Meinung nach zum Beispiel auch Visualisierungen, Vorstellungen, Gedanken oder stille Rezitation.

In der Buddhistischen Meditationspraxis stehen die Vier Vergegenwärtigungen der Achtsamkeit im Vordergrund. Diese sind
Vergegenwärtigung des Körperlichen (kāyānupassanā)
Vergegenwärtigung der Empfindungen (vedanānupassanā)
Vergegenwärtigung des Geistes und dessen wechselnder Zustände (cittānupassanā)
Vergegenwärtigung der „Natürlichen Wahrheiten“ (dhammānupassanā) oder „Gegebenheiten“.

Stufenweiser Weg zur Meditation

Die Vipassana Meditation erfordert diszipliniertes und ernsthaftes Arbeiten. Dieses verläuft wie gesagt in verschiedenen Stufen ab. Das Ziel der erste Stufe besteht darin, sich ehrlich in Ethischen Grundsätzen zu bemühen (wie zum Beispiel nicht Redliches Verhalten, Anstienz, keine unlauterer Rede): Dies hilft, den Geist zu beruhigen, was als eine notwendige Voraussetzung für die Arbeit der Selbstbeobachtung gesehen wird.

Der nächste Schritt besteht darin, bis zu einem gewissen Grad Herrschaft über den eigenen Geist zu entwickeln. Eine Technik ist dabei, kontinuierlich auf das Hereinströmen und Herausfließen des Atems am Eingang der Nasenlöcher zu richten und sich so des sich fortwährend verändernden Atemflusses bewusst zu werden. Dadurch wird der Geist ruhiger und konzentrierter.

Grundlage zur eigenen Vipasana Meditationspraxis

Eine Grundlage um mir der eigentlichen Praxis von Vipassana zu beginnen: der Beobachtung aller Empfindungen innerhalb des ganzen Körpers, dem Verstehen ihrer wahren Natur. Und letztendlich die Entwicklung von Gleichmut.

Die höchste Stufe ist die Meditation der liebevollen Güte, des Wohlwollens gegenüber allen Wesen.

Die Ergebnisse kommen erst nach und nach durch regelmäßige Praxis. Dies bildet sicherlich die grösste Herausforderung für unseren im alltäglichen Leben stark überreizetn und abgelenkten Geist der immer ungeduldig ist. Je mehr man Vipassana Meditation praktiziert, umso größer wird die Freiheit vom Leiden und umso näher rückt man dem letztendlichen Ziel der vollkommenen Befreiung.

Stefan Geisse lehrt Meditation in der Tradition des Yoga. Aber auch Bezüge des Buddhismus kommen in seinen Seminaren und Trainings zum Tragen. Er gibt Achtsamkeitskurse und leitet Stress-Auszeiten im Kloster zur Entschleunigung vom Alltag, Erhöhung der Resilienz gegenüber Stress und zur Bewusstwerdung.

Auszeit im Kloster nehmen: Wie wäre es mit einer Stress-Auszeit im Kloster Mustair, dem von der UNESCO geschützeten Weltkulturerbe?

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