Yoga für Geübte: Bakasana

Yogahaltungen. Heute: Bakasana –Krähe oder Kranich

Die Vogelhaltungen im Hatha-Yoga wie Adler, Hahn, Pfau oder eben die Krähe (wobei baka mit Kranich oder Reiher übersetzt wird) habe die Beugung der Brustwirbelsäule, die Abduktion der Schulterblätter und die Streckung der Halswirbelsäule gemeinsam – es werden die Flügel ausgebreitet und der Schnabel gestreckt. Eine wundervolle Erfahrung der Kraft als auch des Zulassens und Loslassens stellt sich bei dieser Übung ein. Das gesteigerte Selbstbewusstsein und eine tiefe Erfahrung der Leichtigkeit ist eine weitere folge bei regelmässiger Praxis.

Der grösste Feind stellt meines Erachtens bei armgestützten Haltungen das Erfahren von ahamkara, also unser Ich-Macher, das Ego dar: Dieses will mit fortschreitender Praxis zuerst immer mehr und abenteuerliche Stellungen. Daher eignet sich bakasana auch wunderbar um den Geist besser kennenzulernen und einen konstruktiven Umgang mit ihm zu üben. Im Yoga geht es meines Erachtens nicht um Ego-Boost und wilde Stellungen, vielmehr um ein tiefe Selbsterfahrung die in Ruhe, Frieden und Verbindung mündet!

Präzision und Kraft bei bakasana

Es handelt sich bei bakasana um eine mittelschwere Haltung (asana), die viel Präzision und auch kräftige Muskulatur voraussetzt. Üben Sie diese Stellung nur unter fachmännischer Anleitung und wenn Sie über längere Übungspraxis und ebendiese Voraussetzungen verfügen – die Verletzungsgefahr ist für weniger Trainierte gross. Üben Sie nicht, wenn sie entzündliche oder degenerative Prozesse in Hand-, Schulter- oder Ellenbogengelenken haben. Auch nicht bei Übergewicht, erhöhtem Blutdruck oder in der Schwangerschaft.

Da die Brustwirbelsäule gebeugt ist, sind die Atembewegungen auf ein Minimum reduziert. Die tiefe Bauchmuskulatur arbeitet intensiv, ebenso der Hüftbeuger, so dass der Unterbauch recht fest ist. Sie sollten daher auch über eine trainierte Atmung verfügen. Lernen Sie, die aufwärtsstrebende Energie udana-vayu aktiv zu nutzen, um den Körperschwerpunkt über den Händen schweben zu lassen.

Viele Muskeln werden bei der Asana trainiert

Die Beugung der Brustwirbelsäule (BWS) wird durch den Psoas, die Bauchmuskulatur und den Beckenboden gehalten. Ich empfehle daher auch das sanfte Setzen von Mula und ggf. Uddjyana Bandha (Energieverschlüsse), um die Stellung zu stabilisieren.

Die tiefe Binnenmuskulatur streckt den Hals, ohne dabei die Beugung der BWS zu beinträchtigen – dies macht diese Stellung so herausfordernd, da das Strecken des Halses gewöhnlich die Krümmung der BWS abflacht.

Präzise und Achtsam üben: Der Weg in Bakasana

Lassen Sie sich Zeit bei der Erkundung der Asana. Gehen Sie Schritt für Schritt vor, überstürzen Sie nichts. Kommen Sie in die tiefe Hocke, Füsse parallel, Arme sind ausgestreckt und mit den Achselhöhlen über den Knien. Atmen Sie aus, verlagern Sie Ihr Gewicht auf die Zehenspitzen bis die Hände den Boden berühren. Spreizen Sie die Finger und achten Sie auf eine grossflächige Belastung der Handwurzelknochen – das Handgelenk wird bei dieser Asana stark beansprucht! Die Zeigefinger zeigen nach vorne.

Einatmend schieben Sie die Schultern nach vorne, halten Sie die Arme gestreckt. Heben Sie behutsam die Zehen und beginnen Sie auf Ihren Armen zu balancieren.

Ausatmend drehen Sie die Unterschenkel nach innen, Schienbeine und Fussrücken bilden eine Gerade. Drücken Sie die Knie gegen Oberarme, Ihr Gesäss hebt sich.

Belasten Sie das Grundgelenk Ihrer Zeigefinger und rotieren Sie die Unterarme nach innen, während die Oberarme nach aussen rotieren (spiralförmige Verschraubung) um noch mehr Stabilität zu erzeugen.

Wenn Sie diese Übung meistern, geht es Ihnen wie ein Vogel, der sich in die Lüfte geschwungen hat: Sie werden Leichtigkeit und Freude erfahren.

Über den Autor: Stefan Geisse praktiziert angepasstes und achtsames Hatha-Yoga in der Tradition vor Sri Krishnamacharia und seinen Schülern TKV Desikachar und AG Mohan. Sein Fokus liegt in seiner Yogapraxis auf einen bewusst eingesetzten Atem und eine achtsame innere Haltung. Dabei stehen die Klärung und Reinigung auf körperlicher wie geistiger Ebene, Selbstreflexion sowie die Akzeptanz der eigenen Grenzen im Vordergrund („kriyahyoga“, YS II.1). Mehr über Stefan

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